Der Zehnstädtebund im heutigen Syrien, Jordanien und Israel
entstand nach heutigem Kenntnisstand spätestens um 63 v.Chr. aus den hellenistischen Gründungen des 3. bis 1. Jhd. v.Chr.
Aus der der Überlieferung von Plinius d. Ä. folgenden Städteliste und der klaren Zuordnung zu heutigen Orten, kann man bei vielen Ortslagen auch archäologisch belegen, dass diese bereits vor der Zeitenwende in Blüte standen.
Manche davon preisen sich zwar als hellenistische Neugründungen, doch sind sie bereits 1500 Jahre vorher in Kriegsberichten oder Tributzahlungen des ägyptischen oder assyrischen Reiches unter ihrem "ursprünglichen Namen" erwähnt.
Ganz sicher haben zur Dekapolis auch nicht nur 10 Städte oder "Polis" gehört, dies erklärt sich nicht nur aus den unterschiedlichen Nennungen, welches schon Plinius d.Ä. seiner Aufzählung voranstellt. Ebenso hilft hier auch der archäologische Befund, die Lage an Straßen, oder auch an dem Dekapolis Aquädukt. Markanteste Hinweise sind natürlich die verwendeten Ären (meist die Pompeianische Zeitrechnung)auf aufgefundenen Münzen, oder auch erhalten gebliebenen Inschriften.
Besonders die Städte dieser Region zeichneten sich durch Theater, große öffentliche Bäder und Wasserspiele ,sowie teilweise 13-18m hohe Tempel aus. Neben vielen weiteren Gottheiten und zu späterer Zeit dem sehr früh hier heimisch gewordenen Christentum, stand bis zu dieser Zeit Agathe-Tyche als Schicksals/Glücks und Stadtgöttin, in der Dekapolisregion sehr hoch im Rang.
Mit Ihrer meist als Stadtmauer dargestellten Krone stand sie wie keine andere, für die eigenständigen "Polis" des Städtebundes.
Wie nicht nur in den Reisebeschreibungen von S.Merrill nachzulesen ist, blühte die Region auch durch Ihre konsequente Wasserversorgung auf. Jede größere "Gemeinde" dieser Region hatte zu dieser Zeit ein ausgeklügeltes Wasserversorgungskonzept. Vom kleinen Aquädukt mit angeschlossenem Reservoir, wie in Er Rafid, oder El Jahudije, bis zu großen Aquädukttrassen , wie am Südwestende des See Genezareth, dem Luwakanal (nach Norden fließend vom Hauran), dem sogenannten Dämonenkanal (nach Osten fließend vom Haurangebirge) und dabei einzelne Kastelle des Limes Arabicus versorgend, oder dem Kanal des Palma, ( nach Westen fließend vom Hauran ), welcher die Region und Orte südlich der Trachonitis und westlich des Haurangebirges mit frischem Wasser versorgte.
Auch von Qanawat, Dionysias und Philippopolis sind eigene Aqäduktsysteme auch aus den Wasserreichen Regionen des Haurangebirges kommend, bekannt.
Der längste unter ihnen und zugleich auch "Die weltweit einzigartige ingenieurtechnische Meisterleistung" darstellend, war jedoch der Qanat Fir'aun genannte Aquädukt.
Die Dekapolis war kein festes Gebilde und doch lässt sich zeigen, dass das von ihr und der hellenistischen Tradition geprägte Gebiet zusammenhängend war und auch als Hauptschnittmenge in den Nachfolgekonstellationen (Prov. Coile Syria) erhalten blieb.
Bei Plinius d.Ä. werden Damascus, Philadelphia und Raphana als gegen Arabien hin beschrieben. Sie beschreiben also sowohl die maximale Ausdehnung in Nord-Süd Richtung, wie auch eine am weitesten nach Osten ausgreifende Gebietsgrenze. Hierzu passt auch sehr gut die hier von mir hier erstmals geäußerte Zuordnung von Raphana zu el Musmije bzw. zu dessen militärischer Vorgängersiedlung zu Plinius's Zeiten (ca.50-79 n.Chr.) mit dem Namen Ar-Rafiah im heutigen Distrikt South Ghouta. Siehe auch Einzelseite "Raphana"
Bis auf Raphana und Dion lassen sich alle bei Plinius, Eusebius, Ptolomaeus und Stephanus v. Byz. der Dekapolis zugeordneten Städte nahezu zweifelsfrei identifizieren. Durch die Wissenschaft hindurch, wurden aber auch immer wieder alternative Ortslagen für Canatha / Kanata (Qanawat), oder auch Capitolias diskutiert.
Zitat von Plinius d. Ä.:
"Die Meisten nennen jedoch Damascus, welches durch die Bewässerung, die mit dem Flusse Chrysorrhoas hergeleitet wird und diesen fast ganz erschöpft, sehr fruchtbar ist.
Philadelphia, Rhaphana, welche Städte alle nach Arabien hin liegen. Ferner Scythopolis , welches seinen Namen von einer dahin geführten scythischen Colonie erhielt und früher nach dem Bacchus, dessen Amme hier begraben liegt, Nysa hiess.
Gadara am Flusse Hieromiax , das schon genannte Hippos, Dion, das wasserreiche Pella, Galasa und Canatha. Zwischen und um diese Städte ziehen sich die Tetrarchien hin, welche gleichsam für sich einzelne Bezirke bilden und als Reiche gelten, nämlich:
Trachonitis, Paneas, in welcher Cäsarea mit der obenerwähnten Quelle liegt, Abila , Arca , Ampeloessa und Gabe."
Wichtig erscheint die Aufzählung der Regionen zwischen den Städten der Dekapolis am Ende der Liste des Plinius.
Wenn man diese im einzelnen untersuch , so zeigt sich eine Reihe von Regionen welche einen kompletten Kreis über 360 Grad beschreiben.
Zuerst Trachonitis, das Gebiet der Leddja, ein mit Lavaströmen durchzogenes Gebiet nordöstlich des See Genezareth,
dann Paneas mit Ceasarea Phillipi im Norden des See Genezareth, danach greift die Liste etwas weiter nach Norden aus und benennt das Gebiet von Abila, welches im allgemeinen von der Wissenschaft mit dem des Lysanias gleichgesetzt wird.
Dann folgt eine Region Arca, bei dieser Gegend handelt es sich meiner Meinung nach um das Gebiet am westlichen und südlichen Ufer des See Genezareth. Durch die alten Namensgebungen "Arḥa" in diesem Gebiet und die wichtigen hellenistischen Ortslagen am Ausgang des Jordan vom See Genezareth ist diese Region der plausible Lückenschluss zwischen dem südwestlich gelegenen Gebiet von Skythopolis und den nördlich und östlich gelegenen Dekapolisstädten. Umm el Junieh, Beit Yerah, El Kerak und die an diesem Ort lokalisierte Stadt Philoteria (meiner Einschätzung nach die spätere Bischofsstadt Helenopolitanus in Palästina), zeigen durch verschiedene Funde, unter anderem auch von Stadtgottheiten (Agathe-Tyche, meist mit Stadtmauerkrone dargestellt), ihre Bedeutung zu hellenistischer Zeit. Die Kaisermutter Helena, welche in späterer Zeit gerade hier am See Genezareth verschiedene Stiftungen machte, gab der Diösese Helenopolis den Namen.
Der Vollständigkeit halber, sollte für dieses Gebiet aber auch das verortete Arca (Archais) weiter südlich im Jordantal erwähnt werden.
In der Aufzählung des Plinius folgt nun, das meist wenig beachtete Ampeloessa (das Rebenreiche) gelegen südöstlich des See Genezareth. Meiner Einschätzung nach wäre hier die Assoziation mit Abila am Wadi Queilbeh und dessen Umgebung bis Beit Ras ( Capitolias) sehr zutreffend. Dies würde auch plausibel, die lang diskutierte Auslassung des "Abila der Dekapolis" erklären. Zahlreiche Artefakte, sowie alte und neue Karten bezeugen auch heute noch den damaligen Weinanbau, so zum Beispiel die Ebene des Weinbaus "Ard el Karm" , oder der Karm ash Sheikh genannte Berghang. Weiterhin finden sich ebenso in alten topographischen Lagen Begriffe wie Kelter etc. wieder. Diese Nennungen liegen allesamt im Gebiet zwischen Abila und Beit Ras (Capitolias).
Die Aufzählung des Plinius schließt mit der Region/dem Reich "Gabe", welches ebenfalls eine Region zwischen den Städten der Dekapolis sein soll. Dass es sich hierbei nicht um die Orte mit diesem Namen im Karmelgebirge bzw. dem heutigen Israel handelt, erscheint klar.
Meiner Einschätzung nach befand sich das Gebiet Gabe um die Ortschaft Gabia (östlich des See Genezarath) herum, bzw. beide verdankten Ihre Namen einander. Gabia, welche noch bis ins 12Jhd. hinein als wichtiger Punkt entlang der Hauptstraße zwischen Damaskus und der Ajlunregion bekannt war und die Region Gabe des Plinius lag also in der Nähe des markanten und hohen Tell el Jabiha rund um Sheikh Saad, dem alten Carneas.
Somit schließt sich der Kreis der Regionen in der Aufzählung des Plinius und bildet so ein konsistentes Bild der Dekapolisregion.
Ebenso wird klar, das die Dekapolisregion aus deutlich mehr als den namentlich genannten 10 Städten bestanden haben muss.
Wie von unter anderen von H.Bietenhard sehr gut und ausführlich untersucht, war der Staatenbund jedoch auch stets Veränderungen unterworfen und so finden wir bei C.Ptolomäus weitere Städte, welche bei genauem Lesen eventuell auch nur der späteren Regionsbezeichnung Coile Syria zuzweisen sind. Der Vollständigkeit werden hier alle zusätzlichen Orte der Liste benannt:
Heliopolis = Baalbek
Saana = Saana Bosana ( im östlichen Hauran)
Ina = Inachos = Anat zwischen Imtan (Motha) und Deir al Kahf (Speluncae)
Samulis = Simlin /Ankhel südlich von Es sanamein ( Aere)
Abila = Tel Abil am Wadi Queilbeh (bei Plinius schon indirekt genannt und ein Hauptort der Region Ampeloessa)
Kapitolias= Beit Ras (bei Plinius schon indirekt genannt und ein Hauptort der Region Ampeloessa)
Adra= Dera'a
Gadora (kome)= bei Es salt (auch entsprechend der bei Ptolom. angegebenen Koordinaten nordwestlich von Philadelphia gelegen)
Wir haben also hier eine ca. 100 Jahr später aufgestellte Liste welche bereits 18 Ortsnamen enthält.
Weitere Infos zu einer Auswahl bemerkenswerter Orte innerhalb der Dekapolis, finden Sie hier.
Die hier folgende, immer auf die aktuellen Satellitenbilder bezogenen, Orte können folgendermaßen Interpretiert werden.
Pin in Rot= Nennung als Stadt der Dekapolis bei Plinius d.Ä.
Pin in Blau= indirekte Nennung innerhalb einer bei Plinius d.Ä. genannten zur Dekapolis gehörenden Region (siehe Erläuterung und Originaltext oben)
Pin in Rot mit einer 2 oder Violett mit einer 2 = Diese Orte wurden sowohl bei Plinius wie auch Ptolomäus und weiteren genannt.
Die von mir inkl. der zugehörigen Gebiete der Städte grob erstellte Begrenzung der Dekapolis zeigt, dass in den rund 100 Jahren zwischen der Beschreibung des Plinius und des Ptolomäus nur geringe Erweiterungen stattgefunden haben.
Das 2. Kanata (vermutlich das heutige Kerak) ist ebenfalls mit vermerkt,egal ob Plinius d.Ä. dieses, oder das heutige Qanawat meinte,so läge doch Kerak auch in dem von mir hier dargelegten Reich"Gabe" des Plinius.
Zur Entwicklung der Dekapolis in den gleichen Grenzen zu den ersten Bistümern des Christentums, vergleichen Sie auch "Die ersten Bistümer"