G. Schumacher und weitere frühe Reisende beschrieben ein weiteres Wasserversorgungssystem.
In den allgemeinen Sprachgebrauch kamen diese, die alte römische Straße von Ibdar bis Gadara begleitenden, Wasserrinnen ebenfalls als Qanat Fir'aun, doch es handelt sich zweifellos um ein unabhängiges System, welches vermutlich erst im späten 4 Jh. unserer Zeit entstand. Es gibt detaillierte Beschreibungen, doch fand sich bereits in den 80iger Jahren des 20. Jh. kein archäologisches Indiz mehr davon. Dabei muss die Zerstörung, oder die "Umnutzung bereits viel früher eingesetzt haben. Tatsächlich lässt sich dies eingrenzen, denn eine der Beschreibungen von G.A. Smith berichtet uns, dass zwischen 1891 und 1900 aufgrund der Wiederbesiedlung Gadaras , der Ort Umm Qeis enorm gewachsen sei, dies jedoch enorm und unwiederbringlich zu Lasten der alten Ruinen Gadaras und viele Dinge nach nur 9 Jahren nun nicht mehr existieren.
Aufgrund der heute nicht mehr sichtbaren Beweise wird und wurde das bei G. Schumacher beschriebene Rinnensystem, auch teilweise als Straßenentwässerung herabgewürdigt und gleichzeitig die Beschreibungen des 19. Jh. als Phantasie verhöhnt. Doch auch hier hilft uns G. A. Smith weiter, der zu dieser 3. Aquädukttrasse noch zwei weitere sehr wichtige Fakten beisteuert. Zum einen beschreibt er, dass eben genau in diesen 9 Jahren nahezu alle sichtbaren Relikte der Wasserleitung an der Straße zwischen Umm Qeis und Ibdar verschwunden sind und meines Erachtens noch wichtiger, er beschreibt die Wasserleitung auch aus Basalt Rohrelementen bestehend!!
"The basalt pipes of the conduit, which I saw in great numbers in 1891, have nearly all disappeared."
Mit Straßenentwässerungen, hat dieses scheinbar doch aufwändigere straßenbegleitende System also nichts zu tun. So erkennt man auch ohne detaillierte Fachkunde sofort, dass dieses System weder von der Bauweise, noch von den Dimensionen der Wasserrinnen als Entwässerung diente. Unzählige Beispiele römischer Straßen oder Plätze zeigen Entwässerungsrinnen, doch keine erreicht auch nur Ansatzweise diese Dimensionen. Eine Gegenüberstellung allein des Querschnitts, ohne dabei die Maßstäbe der Rinnen in Relation zueinander zu setzen, ist also irreführend und nicht im Sinne der Forschung. Die von G.Schumacher beschriebene Rinne ist um ein vielfaches Größer, als ähnlich aussehende Rinnen hier im Bild, oder im Buch "Wasser für die Dekapolis".
Widmen wir uns also für die Lösung den wissenschaftlich belegten Fakten:
- Das Rinnensystem verlief Straßenbegleitend (aber nicht exakt parallel ,siehe auch Bild oben) an der südlichen Wasserscheide entlang zwischen Ibdar (500m asl) und Gadara (370m asl). Die einfache Breite des Systems laut G. Schumacher war 2,41m. (Steuernagel durch andere Umrechnung 2,38m)
- Neben den durch G. Schumacher beschriebenen Rinnen, gab es in diesem System gemäß G.A. Smith auch Abschnitte aus Basaltrohrelementen entlang der Straße. (vergleichbar u. a. mit Gadara , oder Hippos)
- Zwischen el Qabu und Gadara verliefen 2 identische Rinnen nebeneinander, die Gesamtbreite des Systems betrug somit 4,22m und war damit nahezu so Breit wie die römische Straße.
- jede der Rinnen hatte eine Breite von mehr als 81cm und war 31 cm tief. Selbst bei einem minimalsten Gefälle von 0,5 Promill hätte durch jede der Rinnen und bei einem Freibord von 5 cm eine Wassermenge von ~ 50l/s abgeführt werden können. Bei einem mittleren Gefälle von 2 % wie es über weite Strecken der Straßengradiente entspricht, wäre das Q also die abzuführende Wassermenge pro Zeiteinheit nochmals deutlich höher gewesen. Diese Wassermenge ist jedoch sicherlich nie beabsichtigt, geschweige denn erreicht, worden.
- Es konnten auf der errechneten (Bild oben) und aus den Beschreibungen sich ergebenden Höhenlinie des 3. Wassersystems keine Quellen, Reservoires etc. nachgewiesen werden. Jedoch stellt sich süd-östlich von Ibdar eine Steinbruchareal dar, welches ursprünglich eventuell als Wasserhebeanlage genutzt wurde. Mindestens 2 nahezu kreisrunde, einem Tiefbrunnen sehr ähnliche Strukturen, konnte ich auf einem älteren Google-earth Bild dokumentierten. (siehe nächstes Bild) Solche Eimerketten Wasserhebewerke wurden durch Tiere, oder Menschen angetrieben und konnten pro Anlage zwischen 1 und 5 l/s fördern. Belegt sind solche Hebeanlagen nachweislich durch Philon von Byzanz seit dem 3 Jh. vor Chr, aber auch schon vorher im persisch-babylonischen Raum. Im allgemeinen sind solche Systeme unter dem Begriff "Sakia" bekannt.
Auf den amtlichen jordanischen Karten M 1:25000 heißt dieses eben beschriebene Geländeareal im übrigen al Qantara, was wiederum wie beim syrischen Abu el Qantara im Verlauf des Qanat Fir'aun auf Gewölbe oder steinerne Bögen hinweisen würde.
Weitere archäologische Untersuchungen müssen diese These in nächster Zeit bestätigen, wobei dieses Areal seit 2014 extensiv durch Einheimische genutzt und überbaut wird.
- Ganz sicher war die vermutliche Wassermenge von max. 20 l/ s gegenüber der Qanat Fir'aun Aquäduktleitung eine deutliche Einschränkung. Ebenso ist die Bauweise dieses Wasserversorgungssystems eher unüblich, jedoch wurden zu diesem Zeitpunkt scheinbar, sowohl das Rinnensystem, wie auch die transportierte Wassermenge, als ausreichend für die Bewohner Gadaras bzw. deren Bedürfnisse eingestuft.
- Es gibt vergleichbare Rinnen-Aquäduktsysteme, manchmal in sehr simpler Bauweise errichtet , ein Beispiel aus Hierapolis /Pammukale kann so etwa angeführt werden.
- Nachweislich lässt sich, unmittelbar östlich des heutigen Ortseinganges von Umm Qeis, ein stark versinterter Zufluss von oben, (wo kam das Wasser her, wenn nicht aus dem Rinnensystem?) in einen der Bauschächte des oberen Qanatsystems nachweisen. Anhand der Dicke der Versinterungen muss hier über eine lange Zeit eine erhebliche Menge Wasser in diesen Bereich des damals noch funktionierenden Teils des Qanatsystems eingespeist worden sein.
- Die nördlich verlaufende "Kernersche Brücke" in Gadara stellt die logische Fortführung des Schumacherschen Rinnensystems dar. Zum einen ist die Bauweise und das relativ grobe Material nicht mit der Älteren, durch den Verfasser 2009, gefundenen Brücke identisch. Zum Zweiten sprechen auch die abweichenden Pfeilerstellungen des nördlicheren Bauwerks für eine Errichtung nach der Zerstörung der älteren Brücke.
- Schließlich und besonders wichtig, entspricht der aufgefundene Querschnitt und auch die noch in Situ liegenden Wangensteine exakt den Dimensionen der Darstellung von G. Schumacher aus "Northern Ajlun". Das hierbei das separat gemauerte runde Rinnenprofil am Bauwerksende nicht mehr erhalten ist, lässt sich durch die Zerstörungen in diesem Bereich leicht erklären. Ebenso wurde auch kein Wasserdichter Mörtel in dem von S.Kerner dokumentierten Querschnitt nachgewiesen. Die reale Breite der "Kernerschen" Brücke von 2,38m entspricht genau den Angaben G. Schumachers, somit sind tatsächlich und trauriger weise die letzten beiden (innenliegenden) Wangensteine dieser Brücke die einzigen verbliebenen Relikte der beschriebenen Aquäduktrinnen.
- über die Verwendung des ankommenden Wassers über die eben benannte Brücke innerhalb Gadaras, kann wegen der fehlenden Nachweise und Überleitungssituationen keine verlässliche Aussage getroffen werden.
Wodurch bestand die Notwendigkeit für eine 2. Rinne ab El Qabu?
Zum einen kann eine Einleitung von eventuell anfallendem Oberflächenwasser aus dem höher gelegenen Hügelaral, nördlich der Straße bei el Qabu, nicht völlig ausgeschlossen werden, doch erscheint dies als nur bedingt plausibel.
Eher wurde hier dem allgemein geringeren Gefälle in diesem Bereich Rechnung getragen, welches dann zumindest zeitweise zu einem Überlaufen nur einer vorhandenen Rinne hätte führen können. Zudem konnten durch 2 Rinnen auch eventuell geringe unterschiedliche Höhen, oder Zwischenentnahmen realisiert und dosiert werden. Dies ist auch in Anbetracht des oben geschilderten Deckenzuflusses, in das obere Qanatsystem vor Gadara, von Bedeutung.
Auch dieser Aquädukt verlief nach Gadara , weitere Informationen zu den Brücken unmittelbar vor Gadara finden Sie hier.